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Wildfleisch am Piercing - the dreaded piercing bump.

Aktualisiert: 17. Dez. 2022

Der Heilungsverlauf bei Piercings ist - gelinde gesagt - durchaus ein längerer und komplizierter. Das Frustrationslevel kann dabei durchaus mal überschritten werden, denn Heilung verläuft nun mal nicht linear.

Druckschmerz, Rötung und vermehrte Sekretbildung sind Dir da wahrscheinlich nichts Neues, aber es gibt tatsächlich eine Irritation, die noch gefürchteter ist und so auch ihren englischen Namen bekam:


the dreaded piercing bump -

Piercing bewusst im schiefen Winkel platziert + minderwertiges Material

die gefürchtete Piercingbeule, oder wie wir sagen: Wildfleisch. Zumindest ist Dir das wohl eher ein Begriff als Fremdkörpergranulom, wie es eigentlich heißt.

Schön ist zwar was anderes, aber auch kein Grund zur Panik, obwohl der Anblick durchaus zuerst besorgniserregend wirkt. Fremdkörpergranulome sind tatsächlich eine recht häufige Komplikation im Abheilungsprozess, was eine Fülle an Einträgen im Netz nach sich zieht. Aber nicht alles, wenn nicht sogar kaum etwas davon ist eine geeignete Methode gegen die kleinen Nervensägen.

Aber allem voran: Es gibt Licht am Ende des Tunnels!

Mit der richtigen Behandlung, Geduld und Konsequenz rückt man dem Quälgeist meist erfolgreich zu Leibe.


Um das Thema nun am Ansatz zu packen, schaffen wir einen Überblick:

  • was ist "Wildfleisch" und was ist es eher nicht

  • durch was entsteht es

  • was wir tun und was wir tunlichst lassen sollten


Ziemlich oft hören und lesen wir von Menschen, die von einem Keloid sprechen - das ist tatsächlich nicht auszuschließen, allerdings eher sehr (!) unwahrscheinlich. Nur 6-16% ALLER Fälle, also Operations-, Impf- und Verletzungsnarben eingeschlossen, sind keloide Veränderungen. Je dunkler die Hauptpigmentierung ist, desto öfter treten Keloide auf. Übrigens auch durch kaum wahrnehmbare Verletzungen der Haut, wie bspw. Insektenstiche oder entzündete Haarfollikel.

Ein Keloid ist vereinfacht gesagt das Ergebnis einer gestörten Wundheilung, die Medizin geht aktuell auch von einer genetischen Disposition aus, d.h. sollte Dir sowas in der Familie noch nicht begegnet sein, ist es eher unwahrscheinlich, dass sich bei Dir ein Keloid entwickelt.

Fachlich gesprochen ist ein Keloid ein durch ungebremstes Wachstum von Fibroblasten entstehender, gutartiger Tumor.


Beim Wort Tumor bitte nicht erschrecken: die medizinische Definition beutetet schlicht, dass ein Tumor eine Raumforderung ist, ohne weitere Deutungen.

Der Keloid ist prinzipiell ziemlich leicht zu erkennen, wächst er doch geschwulstartig weit über die Wundränder hinaus, farblich variiert er von Rosa bis Tiefrot und fühlt sich elastisch bis hart an. Das Wachstum ist auch nicht zeitlich begrenzt, der Keloid wächst kontinuierlich weiter, wenn er nicht entsprechend behandelt wird.

irritation bump durch abgekippten Winkel

Mit den herkömmlichen Therapien, die wir als Piercer bei Fremdkörpergranulomen anwenden, könnten wir bei einem Keloid nicht wirklich etwas ausrichten - die Therapiemöglichkeiten sind in dem Fall weitreichend: Chirurgische Entfernung, Laser- oder Kältetherapie wären u.a. Möglichkeiten.

Aber da Dein kleiner Knubbel höchstwahrscheinlich nichts mit einem Keloid gemein hat, haken wir das Thema ab und widmen uns einer weiteren Unterstellung: Hypertrophe Narbenbildung.

Auch dies ist - zwar nicht unmöglich - extrem selten. Die hypertrophe Narbenbildung kommt deutlich gehäufter als Keloide vor, ist wulstig und dick, wächst aber nicht wie der Keloid über den Wundrand hinaus. Meist entwickelt sich eine hypertrophe Narbenbildung nach Operationen oder Brandwunden, es gibt keine genetische Disposition. Nach entsprechend ärztlicher Behandlung ist das Rückfallrisiko im Gegensatz zum Keloid eher gering.

Noch einmal: auch das ist ziemlich unwahrscheinlich und wir können da erstmal entspannt durchatmen.

Der Grund, wieso das hier alles einmal abgefrühstückt wird, ist folgender: durch viele falsche Annahmen entstehen unzählige falsche Tipps ihrer Behandlung und können nicht nur wirkungslos, sondern auch gefährlich sein. Das Internet und Dr. Google warten mit einem ganzen Arsenal an Zaubertricks auf, die ohne entsprechendes Wissen als Heilversprechen propagiert werden. Allerdings sprechen wir bei einem Piercing von einer anderen Art Wunde, die eben entsprechend behandelt werden muss.


Wenn wir nun also Keloid und hypertrophe Narbenbildung von der Liste streichen können,

Was bleibt dann? Der im Englischen sogenannte irritation bump ist das, was im größten Teil aller Knubbelchen und Bläschen an Piercings steckt.

Es handelt sich um eine Art kleine Schwellung / Zellaufwerfung, die durch eine Irritation entstehen kann. So nervig sie sind, in der Regel bekommt man sie gut weg behandelt bzw. entwickeln sie sich von selbst zurück, wenn die Ursache gefunden und eliminiert werden konnte.

Entfernen wir also den Grund der Irritation, verschwindet die Irritations-Schwellung.

Da ist er also nun, der Fall, dass sich an Deinem Piercing ein Knubbelchen oder Bläschen gebildet hat - zuerst ist es wichtig, sich mit Deiner*m Piercer*In zusammenzusetzen und rauszufinden, was der Grund des Übels sein könnte und diesen gilt es auszumerzen.

Gründe hierfür könnten u.a. sein:


  • ein Klaps, Schlag oder Stoß an das Piercing

  • zu langer Stab

  • Hängenbleiben an Handtuch, Kleidung oder Haaren

  • Haare, die sich ständig herumwickeln und für Zug sorgen

  • schlechte Schmuckmaterialien wie Chirurgenstahl, Plastik oder Silber

  • Kosmetika wie Peelings, Haarspray, Cremes, Make Up, Puder, etc.

  • am Piercing herumspielen

  • auf dem frischen Piercing schlafen (zuviel Druckausübung, der Winkel kann abkippen)

  • Helme, Kopfhörer, etc. (zuviel Durckausübung)

  • zu frühes Einsetzen von Ringen

  • zuviel Feuchtigkeit (oft bei Bauchnabel zu beobachten, da dieser als Körperhöhle schnell Feuchtigkeit produziert und sich so Bakterien wunderbar vermehren können)

  • Krankheit oder eine künstliche Immunreaktion wie bspw. beim Impfen

  • unpassende Pflege (falsche Pflegemittel)

  • stehende Gewässer wie Badewanne, Seen und Meer


Du siehst, es kann jede Menge sehr alltäglicher Gründe haben, wieso das nun passiert und sicherlich noch viel mehr, als hier aufgezählt ist. Wichtig ist, den Grund zu finden und diesen zu vermeiden. Zusätzlich gibt es natürlich noch weitere Behandlungsmöglichkeiten, allerdings behandelt man sich noch bis sonst wohin, wenn der Grund nicht vermieden wird.

Und die Vielzahl der Gründe verspricht eine Vielzahl verschiedener, angepasster Behandlungsmöglichkeiten.


Ring als Ersteinsatz

Durch einen Klaps entstehende Knubbel entwickeln sich meist ohne größeres Zutun zurück, sofern mechanische Einwirkungen eliminiert werden.

Schlechter Schmuck kann durch guten ersetzt werden, falsche Pflege kann korrigiert werden. Du siehst also, es ist immer eine gute Idee direkt professionellen Rat einzuholen und die Tipps und Tricks der Freund*Innen erstmal zu ignorieren.


Es ist aber auch wichtig zu verstehen, dass nicht jedes Problem gelöst werden kann. Wenn der Winkel des Piercings massiv verschoben ist, wird eine Behandlung nicht immer Erfolg bringen.

Und ebenfalls die Moral der Geschichte? Zeit und Geduld - wenn wir also in eine Behandlung gehen, braucht es von Deiner Seite auch das Verständnis, dass die Irritations - Schwellung eine gewisse Zeit braucht, um sich zurückzubilden, oder dass Maßnahmen, die wir empfehlen, konsequent auf eine längere Zeit durchgeführt werden müssen.

So wie nicht von heute auf morgen so ein Bläschen entsteht, so verschwindet es auch nicht.

In solchen Fällen darf die Frustration nicht Überhand gewinnen, gut Ding will Weile haben und Du hast jederzeit die Möglichkeit, uns oder Deine*n Piercer*In zu kontaktieren und sei es nur, um ein bisschen emotionalen Support zu bekommen.


Der letzte und wichtigste Punkt ist allerdings: don't trust the internet

Bitte verwende niemals irgendwelche Mittelchen wie Teebaumöl (kann zu allergischen Reaktionen und Ausschlag führen, u.a.), Aspirin-Paste (what the heck?!), Babypuder (no no zone!) oder sonstige Cremes.

Wir sprechen bei Piercings von Wundkanälen, die durch sowas sehr leicht verstopft werden können, mal ganz abgesehen davon, dass Aspirin ein Medikament ist, welches nicht einfach so "fremd verwendet" werden sollte, Babypuder auf Babyhintern gehört und Teebaumöl wie oben beschrieben die Sache auch direkt verschlimmern kann.



 

Wenn ein Mittel bei Dir vermeintlich geholfen hat, heißt das nicht, dass es gefahrlos weiterempfohlen werden kann - nur weil Du Gluten gut verträgst, ist der Umkehrschluß nicht, dass eine andere Person nicht massive Probleme damit bekommen kann. Nichts ist risikolos auf ein anderes Individuum übertragbar, sofern Du nicht genau weißt, was Du tust.

 


Long story short: es gibt nicht DEN Weg oder DIE Tipps, alles muss durchdacht und angepasst umgesetzt werden.

Wir oder Dein*e Piercer*In wissen, was zu tun ist. Und falls Du ganz und gar ideenlos bist, buch Dir bei uns eine Problembehandlung und wir sprechen alles in Ruhe durch.

Natürlich kostenfrei - auch unsere DMs oder Emails sind immer für Dich da.
















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